Freitag, 26. Mai 2017
Er, ich und die Blase.
Er hat mich gerettet und weiß es nicht einmal.
Nach dem gestrigen Tief mit den Nebenwirkungen der Tabletten und dem Stress der Familie.

Er schrieb mir gestern Abend, nachdem er von nem Festival heimkam. "ich bin zu hause und betrunken und ein bisschen geil" Schon bei dieser WhatsApp wusste ich worauf er hinaus wollte. Ich weiß nur nicht ob es der Anschlag einer Hoffnung war oder einer Befürchtung.
Jedoch wusste ich, bevor die Frage explizit gestellt wurde, ich würde zu ihm fahren. Obwohl wir für die Nacht von Samstag auf Sonntag verabredet waren.

Er meinte per WhatsApp er wäre betrunken und zu nichts als Löffelchen-liegen fähig, aber würde sich freuen.

Große Verwirrung meinerseit. WAS zur Hölle machen wir da? Was zur Hölle mach ICH jetzt? Fahren oder bleiben. Nachgeben oder standhaft bleiben. Wir haben doch nur Sex & Reden. Wieso soll ich zum Schlafen vorbei kommen? Ists für ihn doch mehr? Was sagt das über mich aus, wenn ich fahre? Ists für mich doch mehr? Freue ich mich darüber oder fürchte ich mich davor?

Das Auto meiner Mutter müsse ich bis 8 Uhr zurück gebracht haben. Ich schrieb ihm ich müsse um halb 8 aufbrechen. er meinte zwar es wäre sein freier Tag, aber das bekämen wir hin.

Also schnell ins Bad, Brille runter, Linsen rein. Lidstrich behelfsmäßig ziehen (Er war ja eh betrunken und wir würden nur schlafen). Grob die Beine rasieren (Aufgrund eines miesen Sonnenbrands fiel das die letzten Tage aus). Parfum auflegen - raus zur Türe, rein ins Auto. Schnell auf den Weg zu IHM. Schnell zum Kopf ausschalten.
Schnell die Realität verlassen.
Er öffnete die Türe in Boxershorts und einem kanariengelben Shirt.
Scheinbar wirklich nur schlafen.
ER trägt sonst immer Hemd, Chinos, Anzugschuhe, Jackett und Einstecktuch. (Ohne Einstecktuch fühlt er sich nackt.:D)
Ein Begrüßungskuss folgte. Er ging weiter in die Wohnung. ich zog meine Jacke und Schuhe aus und folgte ihm.
Er lag schon im Bett. Gut, dann gehen wir jetzt ins Bett. Ich schälte mich aus meiner Jeans. Keine Schlafshorts für mich. Gut. Mein Höschen reicht mir auch.
Endlich in seinem Arm. Der Fernseher läuft. Zum ersten Mal läuft der Fernseher. Keine Ahnung was gerade genau läuft.
Ich liege auf seiner Brust in seinem Arm. Mein Arm auf seinem Bauch.
Ich bin entschleunigt. Ich höre seinen Atem.
Ich spüre die Wärme, die von ihm ausgeht.
Er erzählt vom Festival. Von seinen Freunden. Er redet und redet und redet. Und ich lausche seinen Worten. Der Kopf ist frei.
Der Geist ist frei. Kein Stress mehr. Kein Hass. Keine Unruhe. Ich weiß, auch ihm tut es gut mir zu erzählen. Er hat immer viel zu erzählen. Er braucht das.
Auch er hat ein "Defizit".
Er hat Angst, übersehen zu werden.
Er hat Angst, nicht wichtig zu sein.
Er hat Angst, nicht zu genügen.
Und trotz der Fassade des geselligen Lebemanns ist er einsam. Auf der Suche. Wonach? Genau kann ich es noch nicht sagen.
Er hängt noch an seiner Ex.
Er streitet es jedes Mal ab. Aber ich kann es sehen. Ich kann es hören. Manchmal sogar seinen Schmerz darüber fühlen.
Wir tun uns gut. Ich nehme ihn als Mensch, so wie er ist, nicht als das, was er versucht darzustellen.
Er nimmt mich. Mit all meinen Launen und Defiziten. Wir verbringen eine gewisse Zeit miteinander und jeder geht seines Weges.
In "Unserer Blase" (seiner Wohnung) sehen wir die Außenwelt nicht. Evtl. durch kurze WhatsApp Nachrichten. Aber ansonsten sind wir total abgeschirmt. Keiner da draußen weiß über uns bescheid. Es ist unser Geheimnis.

Es tut mir gut.
Er tut mir gut.

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